Franz, Antje, Das Leistungsstörungsrecht des polnischen Obligationsgesetzbuchs
Polen ist der größte östliche Nachbar Deutschlands und mit ihm seit einem Jahrtausend in unterschiedlichster Weise verbunden. Grundsätzlich dürften dabei die Deutschen lange Zeit der vor allem beeinflussende Teil gewesen sein. Das schließt aber Bereicherungen Deutschlands durch Polen keineswegs völlig aus.
Mit einem Teilaspekt dieser deutsch-polnischen Beziehungen befasst sich die vorliegende, von Stefan Christian Saar betreuten und in dem Wintersemester 2018/2019 von der juristischen Fakultät der Universität Potsdam angenommenen Dissertation der nach der ersten juristischen Staatsprüfung 1986/1987 ein Austauschstudienjahr an der katholischen Universität Lublin absolvierenden und seit 1995 nach der zweiten juristischen Staatsprüfung in der Bundesverwaltung Deutschlands in Berlin tätigen Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in drei Abschnitte. Diese betreffen die Rahmenbedingungen der Neuordnung des Zivilrechts in der zweiten polnischen Republik, das Leistungsstörungsrecht des Obligationengesetzbuchs und die Wahrnehmung des Obligationengesetzbuchs in der deutschen Rechtswissenschaft.
Wie die Verfasserin bei ihrer interessanten und gründlichen Untersuchung feststellen kann, waren Einflüsse deutschen Rechts auf die Gesetzgebung Polens, in dem 1918 vor allem auf Grund der früheren Teilungen Polens durch Preußen, Russland und Österreich fünf verschiedene Zivilrechte galten, nach 1918 nicht so sehr die Folge der Geltung deutschen Zivilrechts in einem Teil Polens, sondern eher der mehr oder weniger weitreichenden Übernahme deutscher Privatrechtsdogmatik durch die bestimmende Rechtswissenschaft Galiziens und Zentralpolens. Dabei kam es durch die Redaktoren, deren Biographien die Verfasserin hilfreich verwertet, zu einer europäischen Mischung verschiedener Elemente, aber auch zu einer Orientierung an Strukturen des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs und zu einer Übernahme mancher einzelner Elemente des deutschen Rechtes, die auf profunden Kenntnissen des deutschen Rechtes beruhen. Obwohl in Deutschland mangels ausreichender Sprachkenntnisse auch Kenntnisse des polnischen Rechtes nur eingeschränkt möglich waren, wurde das Obligationengesetzbuch Polens in der deutschen Rechtswissenschaft der Zeit um 1933 doch als bemerkenswertes, selbständiges Werk wahrgenommen und rechtsvergleichend berücksichtigt.
Innsbruck Gerhard Köbler