Hadry, Sarah, Kartographie, Chorographie und Territorialverwaltung um 1600.
In dem Laufe seiner Geschichte nahm der Mensch immer fester Besitz von der von ihm vorgefundenen Erde und erforschte sie in ständig feineren Zügen. In etwa vergleichbar erfolgte die Ausarbeitung des vorliegenden Werkes der 2007 erstmals mit einer Studie über die Fugger in Kirchberg und Weißenhorn zwischen 1507 und 1806 hervorgetretenen, in München 2008 mit Studien zur Herrschafts-, Verfassungs- und Territorialgeschichte des Raums Neu-Ulm in dem Spätmittealter und der frühen Neuzeit promovierten, mit dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv verbundenen Verfasserin. Nach dem kurzen Vorwort bildet ein Vortrag auf dem 18. kartographiehistorischen Colloquium in Wien von dem 13. bis 17. September 2016 den Ausgangspunkt der Untersuchung, deren schriftliche Aufarbeitung den verfügbaren Rahmen so stark überstieg, dass sich eine selbständige Veröffentlichung als vorteilhaft erwies.
Gegliedert ist sie nach einem Verzeichnis der Abkürzungen und einem Quellen- und Literaturverzeichnis sowie einer Einleitung über Thema und Fragestellung, Überlieferung und Forschungsstand in fünf Sachabschnitte. Sie betreffen die politischen Räume in der Supertotalen allgemein, den Entstehungshintergrund der pfalz-neuburgischen Landesaufnahme, die Frühphase mit der Kartierung als (vorläufigem) Endpunkt in dem Prozess der Grenzbildung (Landgericht Höchstädt, Landgericht Neuburg, Pfleggericht Reichertshofen, Landgericht Graisbach), die Verwendung und Geheimhaltung der Landesaufnahme sowie das verwendete Personal und die angewandte Vorgehensweise. Auf dieser Grundlage ordnet die Verfasserin ihre vielfältigen neuen Einsichten in die allgemeine Entwicklung ein.
Danach fand die Herausbildung linearer Grenzen in den so genannten Landesaufnahmen in Mitteleuropa seit etwa 1520 einen ersten Abschluss, wobei die individuellen persönlichen Rechtsbeziehungen zwischen Herrschern und Beherrschten durch flächenhafte Denkweisen ersetzt wurden. Da das neben dem Herzogtum Bayern und der Kurpfalz und ihren Nebenlinien bestehende wittelsbachische Fürstentum Pfalz-Neuburg gebietlich stark verstreut war, war seine von Pfalz-Zweibrücken ausgehende, 1579/1584 einsetzende Landesaufnahme einerseits besonders schwierig und andererseits zugleich besonders gewichtig. Die Verfasserin ermittelt eindrucksvoll die allgemeinen und die besonderen Züge dieses auf eine Gesamtkarte aus einleuchtendem Grund verzichtenden Dokumentationsvorgangs und stellt als Beteiligte etwa Philipp Apian, Philipp Rehle, Friedrich Seefried, Christoph Vogel, Matthäus Stang, Paulus Rabus Senior und Paulus Rabus Junior vor, wobei zwölf Abbildungen die weiterführenden Erkenntnisse überzeugend veranschaulichen.
Innsbruck Gerhard Köbler