Pragmatische Visualisierung – Herrschaft, Recht und Alltag in Verwaltungskarten
Nach der überzeugenden Einleitung der beiden Herausgeberinnen finden in Verwaltungszusammenhängen entstandene und als unikale Quellen in Archiven aufbewahrte Karten in Überblicksdarstellungen der Kartographie kaum Beachtung. Demgegenüber ist die Literatur zu der Entwicklung gedruckter Karten und Atlanten aus dem Übergang von dem Mittelalter zu der Neuzeit reich. Erklären lässt sich dieser Unterschied vor allem mit dem verschiedenen Adressatenkreis und der oft schwierigen Lagerung und Erschließung.
Die Intermedialität von Karten mit weiterer archivischer Überlieferung sowie die Entstehungszwecke und Funktionen von Landesaufnahmen, Augenscheinkarten, Grenzkarten und Katasterkarten waren Gegenstand einer Tagung zu archivischen Karten unter dem Titel Pragmatische Visualisierung – Herrschaft, Recht und Alltag in Verwaltungskarten. Sie fand in dem Staatsarchiv Marburg an dem 8. und 9. September statt und wurde in dem Foyer von einer Ausstellung „Auf einen Blick – Karten als Instrumente von Herrschaft und Verwaltung begleitet, in deren Mittelpunkt die außergewöhnlich großformatige Spessartkarte Elias Hoffmanns 1584 bei Gelegenheit des Aussterbens der Grafen von Rieneck und Aufteilung ihres Erbes zwischen den Grafen von Hanau und dem Erzstift Mainz stand. Die vorliegende Publikation veröffentlicht nunmehr verdienstvollerweise die zugehörigen maßgeblichen Überlegungen.
Dabei folgen der Einleitung zunächst zehn Studien, die mit der territorialen Verwaltung und kartographischen Produktion in der Reichsstadt Nürnberg im 16. Jahrhundert (Andreas Rutz) einsetzen und über Sachsen, Braunschweig-Wolfenbüttel, die Bedeutung der Augenscheinskarten für die historische Forschung, das Reichskammergericht, die Beweiskraft, die Wahrhaftigkeit, Hessen-Kassel und Kleve bis zu Katastralkarten Ungarns (Andràs Sipos) reichen. Der anschließende Katalog gliedert sich in acht Abschnitte von Karten aus der Zeit Wilhelms IV. bis zu der Entwicklung des Vermessungswesens von der Messkette bis zu der Triangulierung in Kurhessen. Der Katalog der Ausstellung veranschaulicht die Vielfalt des optisch Gebotenen, während ein Verzeichnis der elf Autorinnen und Autoren die beeindruckende Leistung personell abrundet.
Innsbruck Gerhard Köbler