Schlosser, Horst Dieter, Notabene DDR.
Als Adolf Hitler an dem 1. September 1939 mit Zustimmung vieler Deutscher einen Krieg gegen Polen begann, wollte er einen Sieg für eine Vergrößerung seines Reiches, seiner Macht und seines geschichtlichen Ranges. Eine Niederlage schloss er wohl zumindest anfangs völlig aus und auch später stellte er in seiner Auseinandersetzung mit Judentum und Bolschewismus neben den totalen Sieg nur die Möglichkeit des völligen Untergangs der Deutschen, den er für den Fall fehlender Stärke auch für angemessen zu halten schien. Die Wirklichkeit verlief freilich anders und so trat ein, was jedermann bei vernünftiger Betrachtung erwarten konnte: Die Vereinigten Staaten von Amerika, die Sowjetunion, Großbritannien und ihre Verbündeten erwiesen sich auf Grund ihrer wirtschaftlichen Stärke den Achsenmächten Deutsches Reich, Italien und Japan sowie ihren schwachen Trabanten als militärisch so überlegen, dass sie sie besiegen und ihrer Besatzung unterwerfen sowie das Großdeutsche Reich Adolf Hitlers verkleinern und mit Frankreich in vier Besatzungszonen aufteilen konnten, aus denen 1949 die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik hervorgingen und bis 1998/1990 getrennt gehalten werden konnten.
Mit der für viele unerwartet 1990 der Bundesrepublik Deutschland beigetretenen Deutschen Demokratischen Republik beschäftigt sich das vorliegende Werk des in Düsseldorf 1937 geborenen, in seiner Kindheit mit der Oberlausitz, Thüringen und Nordböhmen verbundenen, in Hamburg, Münster und Freiburg im Breisgau in Germanistik, Geschichte, Philosophie und Pädagogik ausgebildeten, nach seiner Promotion 1972 in Frankfurt am Main zu einem Professor für deutsche Philologie ernannten und durch zahlreiche Arbeiten zu der deutschen Sprachgeschichte hervorgetretenen Verfassers. Symbolisch wird es durch ein Fragezeichen und ein schlichtes Foto des 1973-1976 errichteten und 2006-2008 abgerissenen Palastes der Republik in Berlin veranschaulicht. Sprachlich wird es mit dem bekannten Satz Walter Ulbrichts aus dem Mai 1945 verknüpft. „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“
In seiner kurzen Einleitung über herrschende Verhältnisse in Ost und West scheint es dem Verfasser siebzig Jahre nach Gründung der Deutschen Demokratischen Republik in der Besatzungszone der Sowjetunion und dreißig Jahre nach ihrem vor allem wirtschaftlich begründeten Zusammenbruch angesichts der Einseitigkeit der Urteile in Ost wie West angebracht, gegen das wachsende Vergessen den Horizont der Erinnerungen wieder einmal zu erweitern. Dies versucht er in der Form eines schätzungsweise tausend alphabetisch gereihte Stichwörter umfassenden, von Abendstudium bis zwischen den Zeilen lesen reichenden Wörterbuchs. Möge die langjährige wertvolle Sammelarbeit des historisch-kritischen Lexikons auf dem Wege zu selbverständlicher deutscher Einheit viele Nutzer diesseits wie jenseits der früheren Grenze finden und zugleich Lüge, Täuschung und Schein durch Aufklärung mindern.
Innsbruck Gerhard Köbler