Quellen zur Rechtsgeschichte der Stadt Kassel, hg. v. Eckhardt, Wilhelm A. †/Krafft, Otfried

(= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 13, Quellen zur Rechtsgeschichte der hessischen Städte 9). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2022. LVII, 513 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 12 (2022) 33. IT

Kassel (bis 1926 amtlich Cassel) an der Fulda, dessen Name möglicherweise Haus an einer Mulde bedeutet, ist aus einem 913 erstmals bezeugten Königshof erwachsen und hat sich ab dem Hochmittelalter zu einer bedeutenden Stadt entwickelt. Von 1632 bis 1652 beherbergte sie eine Universität, von 1807 bis 1813 war sie Hauptstadt des unter Napoleon geschaffenen Königreichs Westphalen und in der gezielt bundesstaatlich strukturierten Bundesrepublik Deutschland bot sie zunächst dem Bundesarbeitsgericht und dem Bundessozialgericht, nach der Herstellung deutscher Einheit nur noch dem Bundessozialgericht einen eindrucksvollen Sitz. Mit mehr als 200000 Einwohnern zählt sie zwar nicht zu den größten, aber doch zu den großen deutschen Städten, die unbestreitbar allgemeine Aufmerksamkeit verdient, auch wenn sie nach der Einleitung als Gegenstand der Erforschung gerade des Mittelalters bisher keine vorrangige Rolle eingenommen hat.

 

Umso erfreulicher ist es, dass Wilhelm A. Eckhardt, der als Sohn des bekannten Rechtshistorikers Karl August Eckhardt in Kiel an dem 27. Januar 1929 geboren und nach Aufenthalten in Berlin, Bonn, Marburg und Graz und dem Studium von Rechtswissenschaft und Geschichte in Marburg und Bonn 1953 bei Helmut Beumann in Marburg mit einer Dissertation über die Kapitulariensammlung Bischof Ghaerbalds von Lüttich promoviert wurde und danach in dem Archivdienst des Landes Hessen bis 1982 zu dem Leitenden Archivdirektor und Direktor der angesehenen Archivschule Marburg aufstieg, nach der Rechtsgeschichte der Stadt Eschwege in seinem 1994 beginnenden Ruhestand sich außer des Stiftes Kaufungen, der Stadt Allendorf und des Salzwerks Sooden sowie der Stadt Frankenberg und des Klosters Arnsburg auch der Quellen zu der Rechtsgeschichte der Stadt Kassel annahm. Nachdem er hierfür bereits früher relevante Quellen zusammengetragen hatte, hat er die Verwirklichung des Projekts 2017 noch in Angriff genommen. Allerdings konnte er es bis zu seinem Tode an dem 4. Juli 2019 nicht mehr selbst abschließen, doch ist glücklicherweise Otfried Krafft, der 2003/2004 nach dem Studium von Historischen Hilfswissenschaften, mittlerer Geschichte, neuerer Geschichte und Rechtsgeschichte bei Jürgen Petersohn in Marburg promoviert und 2015 über Landgraf Ludwig I. von Hessen (1401-1458) habilitiert wurde, eine rasche Vollendung gelungen.

 

Das von Andreas Hedwig einfühlsam durch ein kurzes Vorwort eröffnete, gewichtige Werk behandelt in seiner sachkundigen Einleitung nacheinander die Urkunden, neuzeitliche Amtsbücher, Besonderheiten der Überlieferung, Editionsgrundsätze, veranschaulichende Tafeln, das Literaturverzeichnis sowie die verwendeten Abkürzungen. Es folgen auf den Seiten 1ff. die 1225 einsetzenden, trotz der Zerstörung des Stadtarchivs 1943 mehr als 380 Nummern umfassenden Urkunden bis (um) 1600 (Nr. 346, Nachtrag 174a von 1372, 9 Ergänzungen), Salbücher (S. 374ff. ab 1539, 1582) und ein Ratsprotokoll (S. 435ff., 1585/1586). Umfangreiche Register der Sachen, Personen und Orte schließen das grundlegende, vielfach quellenkritisch erstmals veröffentlichende Werk über die vormoderne Geschichte der größten Stadt Niederhessens mit ihren anfänglich drei Stadtgemeinen (Altstadt, Freiheit, Unterneustadt) benutzerfreundlich auf, so dass alle Nutzer den beiden Herausgebern für ihre wertvolle Leistung zu größtmöglichem Dank verpflichtet sind.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler