Wedemeyer-Kolwe, Bernd, Aufbruch. Die Lebensreform in Deutschland

. Philipp von Zabern, Darmstadt 2017. 206 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Wedemeyer-Kolwe, Bernd, Aufbruch. Die Lebensreform in Deutschland. Philipp von Zabern, Darmstadt 2017. 206 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Seitdem der Mensch entstand, hat er sich zunehmend der Natur entfremdet. Zwar sind seine Geburt, sein Leben und sein Tod noch vielfach von natürlichen Gegebenheiten bestimmt, mehr und mehr greift der Mensch zwecks Erreichung angestrebter Ziele aber in die vorgegebenen Abläufe ein. Mittels Kultur und Zivilisation schwingt er sich zum Herren seiner Umwelt auf und vergewaltigt diese im egoistischen Selbstbefriedigungsinteresse.

 

Mit einem moderneren Teilaspekt dieses Geschehens beschäftig sich der in Kassel 1961 geborene, in Göttingen in Volkskunde, Vorgeschichte, Frühgeschichte und Assyriologie ausgebildete, 1992 bei Rolf Wilhelm Brednich mit einer Dissertation über Wohnverhältnisse und Wohnungseinrichtung in Göttingen im 18. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, 2001 bei Arnd Krüger mit einer kumulativen Dissertation über die Bodybuildingsbewegung im  Kaiserreich und in der Weimarter Republik promovierte, 2002 für Sportgeschichte habilitierte Verfasser. Sein schlankes vorliegendes Werk gliedert sich in insgesamt sieben, mit einigen einfachen Abbildungen ausgestattete Abschnitte. Sie betreffen nach einer Einleitung Begriffe, Motive und Stichwortgeber, Ernährung, Naturheilkunde, Körperkultur, Siedlung sowie Fazit und Ausblick.

 

In ihnen kann der Verfasser zeigen, dass bereits um 1900 Industrialisierung  und Modernisierung eine Gegenbewegung aufkommen ließen. Ihr ging es in erster Linie um verschiedene Wege zurück zur Natur. Trotz vielfältigen, vielfach utopischen individuellen Einsatzes ist eine grundsätzliche Umkehr der allgemeinen Entwicklung bisher freilich nicht wirklich gelungen und wird angesichts der vordergründigen, manipulativ zwecks Gewinnerzielung beeinflussten Interessen der Menschheit kaum gelingen.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler