Föllmer, Moritz, „Ein Leben wie im Traum“

. Kultur im Dritten Reich. Ein Leben wie im Traum“ (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus 7). Beck, München 2016. 288 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

Föllmer, Moritz, „Ein Leben wie im Traum“. Kultur im Dritten Reich. (= Die Deutschen und der Nationalsozialismus 7). Beck, München 2016. 288 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

In dem Laufe ihrer Geschichte haben die Menschen auch die Kultur entwickelt. Sie kann von Zeit zu Zeit, von Ort zu Ort und von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden sein. Deutlicher sichtbar wird sie in den antiken Hochkulturen des Altertums, von denen auch die Gegenwart trotz vielfältiger Veränderungen noch zehrt.

 

Mit einem detaillierten Ausschnitt der kulturellen Entwicklung beschäftigt sich das vorliegende Werk des 1971 geborenen, 2000 an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Dissertation über die Verteidigung der bürgerlichen Nation durch Industrielle und hohe Beamte in Deutschland und Frankreich zwischen 1900 und 1930 promovierten, 2013 die Individualität und Modernität in Berlin von Weimar bis zu der Mauer verfolgenden, als Professor für moderne Geschichte an der Universität Amsterdam tätigen Verfassers. Gegliedert ist es  nach einer mit dem Titel überschriebenen Einführung in  fünf Abschnitte. Sie betreffen  die Entwicklung von der Weimarer zur „deutschen“ Kultur, den Nationalsozialismus als kulturelle Synthese, den Weg zur „reinen“ Kultur mit dem Vorrang der Rasse, imperialen Inszenierungen  und jüdischen Selbstbehauptungsversuchen, den Krieg der Kulturen und schließlich die Kultur der Zerstörung im Zeichen der Vernichtung.

 

Adolf Hitler und seine nationalsozialistischen Gefolgsleute hatten auf der Grundlage ihrer geschichtlichen Vergangenheit ihre eigene politische Vorstellung von deutscher Kultur, zu der noch am 11. April 1945 ein Privatkonzert des Reichsorchesters in verkleinerter Besetzung für Albert Speer mit Werken Beethovens, Bruckners und Wagners aus dem vornationalsozialistischen Kunstschaffen gehörte. Das eigene, durch diktatorische Macht und militärischen Erfolg gestützte kulturelle Erzeugnis fiel mit seinen Stützen noch schneller als es ins Leben gerufen worden war. Die Beschränkung auf das Deutschtum und das Wohl des deutschen Volkes erwies sich so als ein verhängnisvoller Irrweg, der mit seinen Protagonisten endete und die Deutschen aus den Träumen der Weltgeltung wieder in die Wirklichkeit der weiten Erde zurückführte, auch wenn Unterhaltungskünstler wie etwa Heinz Rühmann ihre Karriere bruchlos fortsetzen konnten.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler