Nolte, Hans-Heinrich, Kurze Geschichte der Imperien
KöblerNoltekurzegeschichtederimperien20180618 Nr. ZIER 8 (2018) 00. IT
Nolte, Hans-Heinrich, Kurze Geschichte der Imperien, mit einem Beitrag von Nolte, Christiane. Böhlau, Wien 2017. 505 S., 18 Tab., 12 Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler.
In dem Laufe seiner Geschichte fand der Mensch auf Grund seines Verstandes zu immer mehr Möglichkeiten der Beherrschung der Erde. Etwa vor rund zehntausend Jahren gelang ihm dabei die Sesshaftwerdung in dem vorderen Orient zwischen Afrika und Europa. Von den dabei entstehenden Städten aus vermochte er in der Folge verschiedene politische Gebilde zu errichten, die sich nach lateinischem Vorbild als Imperien verstehen lassen.
Mit ihnen hat sich der in Ulm 1938 geborene, nach dem Studium von Geschichte und Germanistik in Marburg, Münster und Göttingen dort 1967 mit einer Dissertation über religiöse Toleranz im Russland zwischen 1600 und 1725 promovierte, nach dem Wechsel nach Hannover (1970) dort 1975 als Assistent mit einer Schrift über die sowjetische Geschichtsschreibung der deutschen Ostexpansion (Drang nach Osten) habilitierte Verfasser, Emeritus für osteuropäische Geschichte an dem Historischen Seminar der Universität Hannover, bereits in seinem in dem gleichen Verlag 2005 erschienenen Werk mit dem Titel Weltgeschichte - Imperien, Religionen und Systeme 15.-19. Jahrhundert befasst (392 Seiten). Dem hat er 2009 eine Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts folgen lassen.
Das auf dieser breiten Sachgrundlage verfasste vorliegende Werk ist bereits von Werner Augustinovic vorzüglich analysiert worden. Deswegen genügt an dieser Stelle der einfache wiederholende Hinweis aus dem Vorwort, dass das Buch sich an historisch und politisch interessierte Bürger wendet, die in der Geschichte nach Hinweisen suchen, wie man die Gegenwart angemessen gestalten kann, aber skeptisch gegenüber plakativen Analysen sind. Sie erhalten in sechs Abschnitten vielfältige Aufklärung über die Frage, ob wir auf ein neues Imperium (der USA) zusteuern, über Imperien als Zusammenfassungen einer Welt (neuassyrisches Reich, Rom, China unter den Song, Dschingis Khan, osmanisches Reich), Imperien als Wiederherstellungen (Heiliges römisches Reich, Indien unter den Moguln, China unter den Mandschu), Imperien als Mitglieder des Weltsystems (Russland, Großbritannien, Indien unter den Briten), Unionen oder doch Imperien (Sowjetunion, Drittes Reich, Vereinigte Staaten von Amerika) sowie schließlich über die Frage, was waren und was leisten Imperien und Unionen, wobei „Gegenbewegungen“ über kleine Gesellschaften, „Stämme“, Königreiche, Opposition aus Israel, ein Weltsystem von Nationen sowie einen möglichen Aufstand der Nationen eingefügt sind und insgesamt dem Leser der Eindruck vermittelt wird, dass sich (mit Hilfe aufmerksamer Lektüre) die Gegenwart in der Alternative zwischen der „Staatsform“ Imperien und dem System von Unionen irgendwie angemessen gestalten lässt, selbst wenn unter dem Diktum „wir schaffen das“ weltweit alle bisherigen Dämme zu brechen scheinen.
Innsbruck Gerhard Köbler