Zimmermann, Harald, Der Deutsche Orden
Zimmermann, Harald, Der Deutsche Orden im Burzenland. Eine diplomatische Untersuchung (= Studia Transylvanica 26). Böhlau, Köln 2000. XI, 246 S., 7 Abb.
Zimmermann ist ein exzellenter Kenner des ungarischen Mittelalters und ein ebensolcher Diplomatiker, der die Randerscheinung der Deutschordenszeit im siebenbürgischen Burzenland (1211-1225) innerhalb der Ordenshistoriographie nicht zu Unrecht beklagt, wenngleich die Bedeutung dieses Ordensansatzes weniger in regionaler Hinsicht als im Vergleich mit der Gesamtgeschichte des Ordens in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts zu sehen ist.
Der Untertitel des Werkes ist ernstzunehmen, denn der Verfasser bietet primär Forschungsgeschichte zu den als Anhang edierten 38 Urkunden, jedoch keine Darstellung der Ordensgeschichte im Burzenland. Diese Forschungsgeschichte betrifft den diplomatischen Bereich ebenso wie den historiographischen und den literarischen. Dabei ist ein großer Vorteil, daß Zimmermann Ungarisch wie Rumänisch beherrscht. Allerdings hätte man sich gewünscht, daß die Literaturtitel auch ins Deutsche übersetzt worden wären.
Der Aufbau des Buches besteht aus kurzen, fast additiven Einzelkapiteln, die auf den ersten 60 Seiten praktisch eine Bibliographie raisonné bieten, um dann einzelne Urkunden und ihre Entstehungs-, vor allem jedoch Überlieferungsprobleme zu untersuchen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Erneuerung der Schenkung des Burzenlandes an den Orden durch König Andreas II. von 1222 und deren päpstlicher Bestätigung vom selben Jahr; beider Echtheit wird nachvollziehbar begründet. Wie weit allerdings der Verfasser das Vergleichsumfeld der Papsturkunden für den Echtheitsnachweis gezogen hat, wird nicht deutlich; so existieren z. B. aus der Zeit vom 4. Januar bis zum 3. Februar 1223 alleine im Deutschordenszentralarchiv Wien noch 11 Originale von Honorius III. für den Orden. Doch vielleicht reichen die jetzigen Argumente bereits, um einen Schlußpunkt zu setzen in einem über ein Jahrhundert alten, nicht frei von Nationalismen geführten Streit.
Es folgt eine penible Edition aller bekannten, den Orden im Burzenland betreffenden 38 Urkunden von 1211 bis 1427, wobei nur die Echtheit eines Stückes von 1426 bezweifelt wird und die Frage nach der Echtheit einer Ersatzschenkung in der Westslowakei (1244) offengelassen wird. Ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Register sind selbstverständlich. Beigegeben sind u. a. Abbildungen von Originalurkunden Honorius III. von 1222 und 1218 mit Details aus Vergleichsstücken von 1222/23 sowie ein Insert der königlichen Schenkung von 1222 aus dem Jahr 1317.
Der Hoffnung des Autors, „für künftige Überlegungen eine sichere diplomatische Grundlage geschaffen zu haben“ (S. 157), darf man zustimmen und ihm für diese Grundlage dankbar sein. Eine erneute Darstellung der Geschichte des Ordens im Burzenland ist jedoch immer noch ein Desiderat. Dabei ist der burzenländische Ansatz des Ordens aber nicht nur als „Generalprobe für das Preußenunternehmen des Deutschen Ordens“ (S. 100) zu sehen, sondern zwar als zeitlich frühester, jedoch im Rahmen einer unter dem Hochmeister Hermann von Salza entwickelten Territorialisierungstendenz keineswegs singulärer Ansatz. Heiliges Land, Kleinarmenien, Spanien, Preußen oder Livland sind beispielsweise in der Amtszeit Hermanns parallele Optionsbereiche, und daß Preußen schließlich die beste Realisation jener Vorstellungen ergeben würde, war Anfang der dreißiger Jahre, als der Hochmeister persönlich nach Ungarn reiste, ebensowenig abzusehen wie beim nächsten Versuch Mitte der vierziger Jahre - erst 1283 ist die endgültige Unterwerfung Preußens gelungen. Diesen weiteren Horizont muß die künftige Historiographie auch bei einer Darstellung der burzenländischen Vorgänge berücksichtigen. Zimmermanns Buch bietet eine wertvolle Grundlage dafür, mit vielen, über die eigentlichen diplomatischen Feststellungen hinausgehenden Detailüberlegungen.
Bonn Udo Arnold