Sarnowsky, Jürgen, Die geistlichen Ritterorden Anfänge – Strukturen – Wirkungen
Der Mensch ist zwar grundsätzlich ein Individuum, hat aber bereits früh erkannt, dass die Verwirklichung individueller Vorstellungen leichter bei Unterstützung durch andere Mitmenschen möglich ist. Dementsprechend haben sich in dem Laufe seiner Geschichte ganz unterschiedliche Gestaltungen entwickelt, mit deren Hilfe Vorstellungen allgemeiner durchgesetzt wurden. Zu ihnen gehören beispielsweise die Religionen und in ihrem Rahmen auch Orden.
Mit den besonderen geistlichen Ritterorden beschäftigt sich das vorliegende, durch Abbildungen veranschaulichte und durch ein Register aufgeschlossene Taschenbuch des in Berlin 1955 geborenen, ab 1975 an der Freien Universität in Geschichte, Physik und Philosophie ausgebildeten, nach der ersten Staatsprüfung für das Lehramt ab 1982 als wissenschaftlicher Mitarbeiter Dietrich Kurzes tätigen, 1985 mit einer Dissertation über die aristotelisch-scholastische Theorie der Bewegung an Hand des Kommentars Alberts von Sachsen zu der Physik des Aristoteles promovierten, 1992 mit einer Schrift über die Wirtschaftsführung des Deutschen Ordens in Preußen zwischen 1382 und 1454 habilitierten und seit 1996 als Nachfolger Gerhard Theuerkaufs als Professor für mittelalterliche Geschichte in Hamburg tätigen Verfassers. Es folgt Arbeiten Jörg Oberstes über die Zisterzienser und Christoph Dartmanns über die Benediktiner. Es gliedert sich nach einer kurzen Einführung in sechs Kapitel über die Anfänge der Ritterorden in dem 12. und 13. Jahrhundert, die Etablierung in dem 12. und 13. Jahrhundert, die Entwicklung der Strukturen in dem späteren Mittelalter, das Spätmittelalter als Krisenzeit und Umbruchszeit, die Lage zwischen Reformation, katholischer Reform und französischer Revolution und die Ritterorden in der Moderne.
Klar und kurz zeigt der Verfasser dabei die Entstehung der geistlichen Ritterorden, zu denen etwa Templerorden, Deutscher Orden, Johanniterorden, Malteserorden und Schwertbrüderorden zählen auf der Grundlage der berufsständischen Gliederung der Gesellschaft vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Christentums in Auseinandersetzung mit Islam und Heidentum auf. Sachkundig beschreibt er die vorgegebene Spannung zwischen den christlichen Postulaten der Nächstenliebe und ihrer praktischen Verwirklichung durch den Kampf mit der Waffe. Mit dem Niedergang des Rittertums infolge der Veränderung der Kriegsführung durch die Feuerwaffen verlieren in der Neuzeit die geistlichen Ritterorden vielfach ihre praktische Bedeutung, selbst wenn an ihnen vereinzelt noch in gegenwärtigen Gesellschaften als sozialer Vereinigungsform zur Verbesserung individueller Lebenschancen festgehalten wird.
Innsbruck Gerhard Köbler