Taqqanot Qehillot Šum.

Die Rechtssatzungen der jüdischen Gemeinden Mainz, Worms und Speyer im hohen und späten Mittelalter, hg. v. Barzen, Rainer Josef, Teil 1, 2 (= Monumenta Germaniae Historica, Hebräische Texte aus dem mittelalterlichen Deutschland Band 2). Harrassowitz, Wiesbaden 2019. C, 271, 273-816 S. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 10 (2020) 33. IT

Die Frühgeschichte der Angehörigen der Religionsgemeinschaft Judentum bzw. ursprünglich der Bewohner des nach dem vierten Sohn Jakobs benannten Stammes in dem Gebiet um Jerusalem, Hebron und Beer Sheva ist nicht eindeutig feststellbar. Nach mehrfachen Verschleppungen werden Aufstände gegen die Römer ab 70 n. Chr. unter Zerstörung der Hauptstadt Jerusalem niedergeschlagen, weshalb sich Juden, von denen aus dem Altertum etwa 15000 namentlich bekannt zu sein scheinen, unter Bewahrung ihrer besonderen Religion und ihres besonderen Rechtes sowie möglicherweise unter Nutzung ihrer besonderen Bildung in einzelne Gebiete Spaniens, des Frankenreichs und Italiens ausbreiten und von Ackerbau und Viehzucht auf den Handel ausgreifen. Bereits 321 n. Chr. werden unter Kaiser Konstantin Juden in Köln genannt, zu denen in den folgenden Jahrhunderten Juden etwa in Metz, Trier, Speyer, Mainz, Magdeburg, Merseburg, Speyer, Regensburg und Worms hinzukommen.

 

Da die Juden eigenes Recht hatten und überwiegend in Gruppen in einzelnen Siedlungsteilen wie Gassen und Gettos zusammenlebten, bildeten sie in dem Laufe der Zeit Vorschriften oder Einrichtungen aus, die vielfältige religiöse, moralische, soziale und rechtliche Fragen etwa über Kleidung, Bart, Haar, Geldleihe, koschere Speisen, Steuern und vieles andere behandelten. Sie werden zusammenfassend als Taqqanot oder Takkanot bezeichnet, vor allem nach Abschluss der talmudischen Periode. Zusammengestellt hat sie der nach seinem Lebenslauf seit 1988 an der Freien Universität Berlin in jüdischen Studien, Geschichte und Politikwissenschaft ausgebildete, 1999 erstmals literarisch mit einer Untersuchung über die Eigenart der Verbindungen zwischen den jüdischen Gemeinden Mainz, Worms und Speyer bis zu der Mitte des 13. Jahrhunderts hervorgetretene und 2005 in Trier bei Alfred Haverkamp summa cum laude über Taqqanot Qehillot Šum promovierte Herausgeber.

 

Nach dem Vorwort des vorliegenden Werkes gehen wesentliche Teile der präsentierten gewichtigen Untersuchung sowohl in dem Aufbau wie auch in der synoptischen Herangehensweise auf die Dissertation zurück. Teil 1 bietet eine Einleitung über die historische Einordnung und Zielsetzung der Edition, die Überlieferung der Sammlungen in den Versammlungen von 1220 und 1223 sowie der vielfältigen Handschriften und frühen Drucke. Teil 2 schließt daran die sorgfältige Edition mit inhaltlicher Kommentierung, wobei der gesamte Inhalt umfassend durch Stellenregister zu Bibel und halachischer Literatur sowie zu Personen und Orten benutzerfreundlich aufgeschlossen, durch ein englisches Abstract mit ratio editionis zusammengefasst und durch eine Karte der jüdischen Regionalorganisation an dem Vorabend der Pest veranschaulicht wird, so dass nunmehr eine bestmögliche Darstellung des früheren Rechtes der jüdischen Gemeinden Mainz, Worms und Speyer seit dem 13. Jahrhundert geboten ist.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler